Herzlich Willkommen auf meinem Blog

Wie ich unten in meinem ersten Eintrag schreibe, werde ich hier unregelmäßig mich bewegende Themen "verarbeiten". Das kann alles sein, von aktuellen Themen über Dinge aus meiner Vergangenheit etc.
Ich hoffe, es gefällt wenigstens ein paar wenigen. Auch über Feedback freue ich mich sehr.

Freitag, 20. Januar 2012

Oma

Meine Oma liegt im Sterben. Mit 92 darf man das. Sie will das schon länger. Omi hat zwar noch alleine gelebt, aber ohne Hilfe ging das schon lang nicht mehr. Mama war täglich drüben bei ihr (ein paar Kilometer weg), am Wochenende haben mein Bruder, meine Schwägerin und ich abwechselnd den Dienst übernommen. Sonst wäre meine Mutter der nächste Pflegefall.
Aber es wurde immer mühseliger. Omi sieht nur noch 10% und ist natürlich schwerhörig. Das schränkte ihre Lebensqualität schon furchtbar ein.
Ende letzten Jahres kam sie kurz vor Weihnachten mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus. Man dachte, sie überlebt Weihnachten nicht (was Omas erklärtes Ziel war!). Tat sie aber doch. Dann kam natürlich die Frage auf: Wie geht es jetzt weiter? Alleine bleiben kann sie nicht mehr. Wir organisierten einen Platz im Pflegeheim bei uns.  Omi wollte natürlich nach Hause, zu ihrer Katze und in ihren Sessel, aber das ging beim besten Willen nicht mehr. Man kümmerte sich rührend um sie, Mama war 2 – 3x täglich im Heim und von uns schaute auch täglich jemand rein. Selbst die Kinder (Omas Ur-Enkel) konnten da zu Fuß hinkommen, und taten das auch.
Sie wurde schnell leicht dement, phantasierte manchmal wilde Geschichten zusammen. Mittlerweile weiß ich, dass hier eigentlich bereits der Sterbeprozess begann. Bis jetzt hatte ich das Glück, noch nie einen nahestehenden Menschen begraben haben zu müssen (Ist das grammatikalisch korrekt?).
Ansonsten ging es ihr den Umständen entsprechend ganz gut. Sie aß für ihre Verhältnisse reichlich. Ok, wir sagten ihr, sie müsse essen um zu Kräften zu kommen, dann dürfe sie wieder heim. Aber der Zweck heiligt ja oft die Mittel.
Sonntag war sie so munter, dass ich und meine Tochter sie in den Rollstuhl setzen ließen und mit ihr draußen spazieren gefahren sind.  Das Wetter war herrlich und sie genoss es sichtlich.
Sonntagnacht dann kam ein Schlaganfall. Sie wollte nie wieder ins Krankenhaus und schon gar keine lebensverlängernden Maßnahmen.  Irrtümlicherweise wurde sie doch hin verfrachtet. Als das meine Mama erfuhr, eilte sie umgehend hin und ließ Omi wieder ins Heim zurück bringen.
Sie ist nun halbseitig gelähmt und nicht mehr wirklich ansprechbar. Als ich abends kam, erkannte ich die Frau von gestern nicht mehr wieder. Ohne Zähne (so hatte ich sie noch nie gesehen, da sie sehr eitel war), der Blick ins Leere, sich unruhig im Bett rumwälzend. Das hat mich sehr schockiert. Ich blieb eine ganze Weile bei ihr, streichelte sie und sprach mit ihr. Meine Tochter (14) war auch dabei. Wie sie damit umgeht, kann ich auch noch nicht sagen. Jedenfalls war sie am Ende und sagte: „Warum  muss man so leiden. Kann man da nicht was machen wie bei Tieren?“ – tja, leider nicht.
Vorgestern bekam sie die Letzte Ölung. Das wollte meine sehr gläubige Mutter so.
Ich habe nun sehr viel über Sterben und Sterbebegleitung an sich gelesen (Danke Internet!). Das hat mir sehr weitergeholfen. Ich weiß nun, dass alle Dinge, die sie nun so tut, oder nicht, zum Sterbeprozess dazu gehören. Selber fühlt man sich so hilflos, kann nicht viel tun, außer da sein.  Man hat ein schlechtes Gewissen, weil man sich eigentlich wünscht, dass ein geliebter Mensch von einem geht.  Ich ertappe mich dabei wie ich darüber nachdenke, welches Bild von ihr ich als Sterbebild nehmen soll.  Wann und wie wir ihre Wohnung ausräumen – dabei ist sie noch gar nicht tot. Dann fühle ich mich noch schlechter. Dazwischen kann ich es wieder ganz gut verdrängen, doch dann kommt es mit großer Wucht zurück.
Mal sehen, wie es heute mit ihr geht. Man kann nicht sagen, wie lange das so weiter geht. Es stellt die ganze Familie vor eine große Herausforderung.
Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Omi nicht mehr lange leiden muss!

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